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Aufgrund der Regelungen zum Immunitätsnachweis gegen COVID-19 im Infektionsschutzgesetz mussten Personen vom 15.3.–31.12.2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen, die z.B. in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen bzw. Pflegeeinrichtungen tätig waren: Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun zu entscheiden, was passiert, wenn ein Arbeitnehmer diesen Nachweis nicht erbringen konnte und der Arbeitgeber den Mitarbeiter ohne Lohnfortzahlung von der Arbeit freistellte. Die BAG-Richter urteilten, dass Betreiber von Pflegeeinrichtungen in der Zeit vom 16.3.–31.12.2022 nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpfte Mitarbeiter ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen durften. Zur Abmahnung dieser Arbeitnehmer waren die Arbeitgeber dagegen nicht berechtigt. In einem weiteren Urteil stellte das BAG klar, dass die Zeiten dieser unbezahlten Freistellung bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen sind. Dem Arbeitnehmer steht also nur ein anteilig kürzerer Urlaubsanspruch zu.
zum Artikel >Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit nur dann selbstständig ausüben, wenn er am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet. Selbst ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist aber nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt. Hiervon kann auch im Falle besonderer Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen nicht abgesehen werden, selbst wenn der Betroffene faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderte, er also gleichsam „Kopf und Seele“ der Gesellschaft ist. Die Richter des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) entschieden daher, dass der Geschäftsführer der GmbH, deren alleinige Gesellschafterin seine Ehefrau war, sozialversicherungspflichtig war. Diese Entscheidung basierte auf den Regelungen in der Satzung und im Anstellungsvertrag. In dem Fall konnte der Geschäftsführer jedoch durch seine Rolle als Vermieter der Geschäftsräume und wesentlicher Betriebsmittel sowie als Darlehensgeber von über 110.000 € wirtschaftlichen Druck auf seine Frau ausüben. Nach Auffassung der LSG-Richter führten aber die möglichen wirtschaftlichen Folgen einer Kündigung nicht zu umfassenden Einflussmöglichkeiten, die der Stellung eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers entsprochen hätten.
zum Artikel >Mit Wirkung zum 1.4.2000 wurde in einem Unternehmen ein Geschäftsführer eingestellt und vertraglich ein Jahresgehalt von 60.000 DM sowie eine jährliche Tantieme von mindestens 12.000 DM vereinbart. Im November 2015 wies der Geschäftsführer eine Mitarbeiterin an, ihm eine Einmalzahlung in Höhe von 30.000 € mit dem Gehalt für November Mitte Dezember 2015 abzurechnen und auszuzahlen. Die gleiche Anweisung kam auch in den Jahren 2016–2019 mit jeweils 35.000 € als Einmalzahlung, so dass sich diese auf insgesamt 170.000 € beliefen. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft für 2015 und 2016 wurden festgestellt, wobei dem Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde. Auch für das Jahr 2017 erteilte man dem Geschäftsführer Entlastung. 2020 beschlossen dann die Gesellschafter in einer Gesellschaftsversammlung die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Höhe von 170.000 € gegenüber dem Geschäftsführer wegen Verletzung seiner Obliegenheitspflichten. Die Richter des Oberlandesgerichts Brandenburg kamen zu der Entscheidung, dass der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht angewendet hat, indem er die Zahlung von jährlichen Einmalzahlungen an sich veranlasste, welche die vertraglich vereinbarte Vergütung überstiegen und von den Mitgesellschaftern auch nicht gebilligt worden waren. Die Haftung für die Jahre 2015–2017 ist allerdings durch die von den Gesellschaftern beschlossene Entlastung des Geschäftsführers ausgeschlossen. Zu der Einhaltung der gesetzlichen Pflichten gehört die Trennung eigener Interessen von den Interessen des Unternehmens. Die Frage, in welcher Höhe das zu zahlende Grundgehalt angesichts der weiteren Gehaltskomponenten als angemessen anzusehen ist, kann nicht vom Geschäftsführer allein bestimmt werden. Vielmehr ist zur Entscheidung über die Höhe der Vergütung die Gesellschafterversammlung berufen. Der Geschäftsführer wurde verurteilt, an das Unternehmen 70.000 € (je 35.000 € aus 2018 und 2019) plus Zinsen zu zahlen.
zum Artikel >In einem Fall aus der Praxis gab eine Frau an, von der Impfärztin nicht ausreichend über die Risiken der Corona-Schutzimpfung aufgeklärt worden zu sein. Bei einer zureichenden Aufklärung hätte sie sich aber schon gar nicht impfen lassen, weshalb die Ärztin ihr den aus der Impfung entstandenen Schaden zu ersetzen und außerdem Schmerzensgeld zu leisten habe. Das Oberlandesgericht Stuttgart kam zu dem Urteil, dass das Verimpfen von Corona-Impfstoffen im Rahmen der nationalen Impfstrategie durch hierzu Beauftragte als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren ist. Sofern Privatpersonen in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes hoheitlich tätig werden, greift grundsätzlich die Staatshaftung ein. Eine persönliche Haftung des hoheitlich Tätigen selbst kommt gegenüber dem Geschädigten daneben nicht in Betracht. Also haftet eine hoheitlich tätig gewordene Impfärztin wegen etwaiger Aufklärungsmängel nicht, sondern die Geschädigte hätte zutreffend den Staat wegen etwaiger Schadenersatzansprüche in Anspruch nehmen müssen.
zum Artikel >Für viele Verträge ist ein variabler Grundzins – also ein Zins, der von der Bank an die allgemeine Zinsentwicklung am Markt angepasst werden kann – üblich. Insbesondere bei Verträgen mit einer langen Laufzeit müssen solche Zinsvereinbarungen transparent gestaltet sein. Denn bei Langzeitverträgen haben Verbraucher i.d.R. nicht die Möglichkeit oder sehen keinen wirtschaftlichen Sinn darin, kurzfristig auf ein anderes Angebot mit besseren Zinsen umzusteigen. Gerade in vielen alten Verträgen sind jedoch Vereinbarungen enthalten, die rechtswidrig sind, sog. Zinsanpassungsklauseln, Zinsgleitklauseln oder Zinsänderungsklauseln. Diese ermöglichen es Banken, den Zins nach eigenem Ermessen anzupassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass solche Klauseln unzulässig sind, wenn sie den Banken ein einseitiges Anpassungsrecht einräumen, ohne klare und transparente Kriterien für die Zinsänderung festzulegen. Zur Frage, welcher Referenzzinssatz heranzuziehen ist, wenn die im Vertrag vereinbarte Zinsklausel keine spezifischen Festlegungen enthält, wie beispielsweise „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst“, hat der BGH am 9.7.2024 entschieden. Die BGH-Richter bestätigten die Entscheidungen der Oberlandesgerichte, dass die Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren (Zeitreihe WU9554) den Anforderungen, die an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind, genügen. Hinweis: Vor diesem Hintergrund sollten u.U. bestehende Prämiensparverträge überprüft und ggf. rechtlicher Rat eingeholt werden.
zum Artikel >Verbraucherpreisindex (2020 = 100) 2024 119,4 Juni 119,3 Mai 119,2 April 118,6 März 118,1 Februar 117,6 Januar 2023 117,4 Dezember 117,3 November 117,8 Oktober 117,8 September 117,5 August 117,1 Juli Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter: http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise
zum Artikel >Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB) Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern: Basiszinssatz + 5-%-Punkte Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014): Basiszinssatz + 8-%-Punkte Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014): Basiszinssatz + 9-%-Punkte zzgl. 40 € Pauschale Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen seit 01.07.2024 = 3,37 % 01.01.2024 - 30.06.2024 = 3,62 % 01.07.2023 - 31.12.2023 = 3,12 % 01.01.2023 - 30.06.2023 = 1,62 % 01.07.2016 - 31.12.2022 = - 0,88 % 01.01.2016 - 30.06.2016 = - 0,83 % 01.07.2015 - 31.12.2015 = - 0,83 % 01.01.2015 - 30.06.2015 = - 0,83 % 01.07.2014 - 31.12.2014 = - 0,73 % 01.01.2014 - 30.06.2014 = - 0,63 % 01.07.2013 - 31.12.2013 = - 0,38 % Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter: www.destatis.de - Themen - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise - Preisindizes im Überblick Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
zum Artikel >Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 12.8.2024 (Zahlungsschonfrist 15.8.2024) Gewerbesteuer, Grundsteuer: 15.8.2024 (Zahlungsschonfrist 19.8.2024) Sozialversicherungsbeiträge: 26.8.2024 (Abgabe der Erklärung) (Zahlung 28.8.2024)
zum Artikel >Der Gesetzgeber hatte mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 eine Energiepreispauschale (EPP) eingeführt, die Berechtigte in Höhe von 300 € erhielten. Im Gesetz ist die Steuerbarkeit der erhaltenen Zuwendung geregelt. Je nach persönlichen steuerlichen Verhältnissen kann eine Steuerpflicht entstehen. Per Gesetz ist die EPP den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit bzw. alternativ den sonstigen Einkünften zugeordnet. Eine Vielzahl von Steuerpflichtigen wehren sich derzeit gerichtlich gegen eine Besteuerung der EPP. In einem der führenden Verfahren hat das Finanzgericht Münster (FG) am 17.4.2024 entschieden, dass die EPP einer Arbeitnehmerin steuerbar und steuerpflichtig bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ist und dies auch verfassungsgemäß sei. Ob dies auch für Begünstigte gilt, die keine Arbeitnehmer sind und bei denen sich eine Besteuerung ggf. im Rahmen der sonstigen Einkünfte ergibt, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das FG die Revision zugelassen, welche beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt wurde. Eine Entscheidung ist noch nicht absehbar. Steuerpflichtige können bei vergleichbarem Sachverhalt und noch nicht rechtskräftigen Bescheiden unter Hinweis auf das Aktenzeichen VI R 15/24 des BFH Einspruch einlegen und die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Der Steuerberater ist der geeignete Ansprechpartner zur Klärung der Angelegenheit. Eine etwaige Steuerersparnis fällt allerdings gering aus.
zum Artikel >Der Gesetzgeber hatte befristet bis zum Veranlagungszeitraum 2022 eine Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft verabschiedet. Die Verlängerung der Tarifermäßigung, welche rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2023 befristet bis zum Veranlagungszeitraum 2028 gelten soll, hat der Bundestag am 5.7.2024 beschlossen. Der Bundesrat muss noch zustimmen, was bei Redaktionsschluss noch nicht der Fall war. Die Tarifermäßigung soll dergestalt stattfinden, dass Gewinne und Verluste eines 3-Jahreszeitraums miteinander verrechnet werden können, und zwar die Veranlagungszeiträume 2023 bis 2025 untereinander sowie die Veranlagungszeiträume 2026 bis 2028. Für Landwirte im Sinne der EU-Verordnung soll die Regelung unmittelbar gelten, für sonstige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Genehmigung durch die Europäische Kommission. Dem Genehmigungsvorbehalt unterliegen Einkünfte aus Forstwirtschaft, Binnenfischerei, Teichwirtschaft sowie Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft. Hintergrund der Regelung ist die Abmilderung von Gewinnschwankungen infolge des Klimawandels bzw. der Witterungsbedingungen. Der Bundestag und der Bundesrat müssen der Verlängerung der Tarifermäßigung noch zustimmen. Zum Drucklegungszeitpunkt war dies noch nicht erfolgt. Bislang relativ unbeachtet geblieben ist ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24.4.2024 (4 K 6/24), welches in einem anderen Klagezusammenhang Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Tarifermäßigung für die Land- und Forstwirtschaft festgestellt hat und einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sah. Die Revision wurde zugelassen. Es wird an dieser Stelle hierüber künftig noch berichtet werden.
zum Artikel >Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, wie Leasingzahlungen, insbesondere Leasing-Sonderzahlungen, aufzuteilen sind, wenn ein Fahrzeug sowohl privat als auch beruflich genutzt wird. Konkret ging es um die Frage, ob Leasing-Sonderzahlungen, durch welche die laufenden Leasingraten gesenkt werden können bzw. konnten, zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen sind oder bei einer Einnahmeüberschussrechnung vollständig im Jahr der Zahlung zu berücksichtigen sind. Mit Urteil vom 12.3.2024 hat der BFH entschieden, dass Leasing-Sonderzahlungen für ein anteilig betrieblich genutztes Fahrzeug unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung auf die jeweiligen Monate der Nutzung aufzuteilen sind, vorausgesetzt, die laufenden Leasingraten konnten hierdurch gesenkt werden, was vorliegend der Fall war. Zunächst sind einerseits die jährlichen Gesamtaufwendungen inklusive aller fixen Kosten und der Abschreibung festzustellen, hier einschließlich der anteiligen Leasing-Sonderzahlung verteilt auf die Gesamtnutzungsdauer, sodann sind diese in einen betrieblichen sowie privaten Anteil aufzuteilen. Bei einem PKW ist der Aufteilungsmaßstab die Feststellung der beruflich und privat gefahrenen Kilometer im Verhältnis zur Gesamtstrecke. Ergibt sich hieraus ein beruflicher Nutzungsanteil von unter 10 %, ist das Fahrzeug zwingend dem Privatvermögen zuzuordnen. Auch hierfür ist nach dem Urteil des BFH nicht auf die zunächst beabsichtigte Nutzung abzustellen, sondern auf die tatsächliche Nutzung über den gesamten Leasingzeitraum. Die Kosten für das Fahrzeug können in einem solchen Fall nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, sondern nur im Wege der Nutzungseinlage. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der BFH im vorliegenden Fall nicht darüber entschieden hat, ob die Leasing-Sonderzahlung ggf. als vorab entstandene Werbungskosten auf der Basis einer beabsichtigten künftigen Nutzung in voller Höhe bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hätte berücksichtigt werden können. Hierzu sollte die Beratung eines Steuerberaters eingeholt werden.
zum Artikel >Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich mit Schreiben vom 17.5.2024 als Folge mehrerer Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH) aus dem Jahr 2022 sowie einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2021 zur Zuordnung von Gegenständen zum Betriebs- oder Privatvermögen im Rahmen des Vorsteuerabzugs geäußert sowie zu den Fragen der Fristgebundenheit entsprechender Mitteilungen an die Finanzverwaltung und Dokumentation derselben. Der EuGH hatte entschieden, dass die Finanzbehörde den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand verweigern darf, wenn der Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, ob dieser dem Unternehmensbereich zugeordnet werden soll oder dem Privatvermögen, der Steuerpflichtige der Finanzbehörde aber bis zum Ablauf der Frist für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung nicht erklärt hat, welche Zuordnung er vorgenommen habe oder zumindest entsprechende Anhaltspunkte für die Finanzverwaltung feststellbar seien. Der BFH hatte in Ergänzung entschieden, dass bei Vorlage objektiv erkennbarer Anhaltspunkte innerhalb der Dokumentationsfrist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich ist und diese auch noch nach Fristablauf nachgeholt werden könne. Eine Mitteilung ist demnach nur erforderlich, wenn keine objektiv erkennbaren Anzeichen vorliegen. Die Dokumentation müsse innerhalb der gesetzlichen Regelabgabefrist für die Umsatzsteuererklärung erfolgen, wenn keine objektiv erkennbaren Beweisanzeichen vorhanden sind. Eine Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärung verlängert nicht die Dokumentationsfrist. Bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist kann eine im Voranmeldungsverfahren getroffene Entscheidung durch ausdrückliche Mitteilung korrigiert werden. Das BMF hat daher nun klargestellt, dass bei einem Zuordnungswahlrecht auch Verträge mit Umsatzsteuerausweis oder Benennung in Bauantragsunterlagen, z. B. als Bürotrakt, als entsprechende Beweisanzeichen zu bewerten sind, auch für eine nur teilweise Zuordnung zum Unternehmen. Gleiches gilt für die betriebliche Versicherung eines Gegenstandes, Kauf oder Verkauf unter dem Firmennamen, bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung des Gegenstandes. Gleichwohl sollte auch Gründen der Rechtssicherheit eine rechtzeitige Mitteilung an das Finanzamt erfolgen. Die Grundsätze des Schreibens des BMF vom 17.5.2024 sind in offenen Fällen anzuwenden. Das Schreiben des BMF kann auf dessen Homepage heruntergeladen werden. Das bislang gültige BMF-Schreiben vom 2.1.2014 wurde mit dem neuen Schreiben aufgehoben, der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurde ebenfalls entsprechend angepasst.
zum Artikel >Die Wahl der richtigen Steuerklasse und ihre tatsächliche Auswirkung führt bei vielen Steuerpflichtigen immer wieder zu Unsicherheiten. Die gute Nachricht vorab: Wer eine evtl. nachteilige Steuerklasse gewählt hat, kann dies in den meisten Fällen ohne negative Auswirkungen korrigieren. Lohnsteuerklassen gibt es nur für Arbeitnehmer, also bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und unbeschränkter Steuerpflicht. Unbeschränkt steuerpflichtig sind jedenfalls Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. In der Regel wird ein gewöhnlicher Aufenthalt bei mehr als der Hälfte des Jahres in Deutschland unterstellt. Mit der Steuerklasse berechnet die Finanzverwaltung näherungsweise die Steuervorauszahlung unter Berücksichtigung der im Gesetz geregelten Pauschalabzugsbeträge. Diese wird dann im Wege des Lohnsteuerabzugs direkt an der „Quelle“, also durch den Arbeitgeber, abgezogen und wird auf der Lohn- oder Gehaltsabrechnung ausgewiesen. Insgesamt gibt es sechs Steuerklassen. In Steuerklasse I werden nicht verheiratete bzw. dauernd getrennt lebende Personen einsortiert. Hierzu gehören auch geschiedene und verwitwete Personen. Letztere werden erst ab dem übernächsten Jahr nach dem Tod des Partners in Steuerklasse I eingeordnet. Steuerklasse II ist für Alleinerziehende mit Kindern im Haushalt, für die ein Kindergeldanspruch besteht, vorgesehen. Es dürfen keine weiteren Personen als eigene Kinder im Haushalt leben, also kein Lebensgefährte oder dergleichen. Die Steuerklasse II ist steuerlich vorteilhafter als die Steuerklasse I, da der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende direkt beim Steuerabzug berücksichtigt wird. Die Steuerklassen III, IV und V sind für verheiratete bzw. verpartnerte Arbeitnehmer vorgesehen. Wählen die Eheleute keine Steuerklasse, erhalten sie beide die Steuerklasse IV. Der Steuerabzug ist dann gemessen an den Einkünften gleich hoch und entspricht vereinfacht gesagt der Steuerklasse I für nicht Verheiratete. Diese Kombination sollte bei etwa gleich hohem Verdienst gewählt werden. Wählen Paare mit stark unterschiedlichen Einkommen diese Steuerklassenkombination, behält das Finanzamt in der Regel zu viel Steuern ein, die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung dann erstattet werden. Weiterhin gibt es die Steuerklasse IV „mit Faktor“. Hier wird bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren die voraussichtlich gemeinsam zu zahlende Einkommensteuer im Verhältnis auf die Eheleute verteilt. Dies geschieht nur auf Antrag und wenn der Faktor unter 1 liegt. Verheiratete Paare können die Steuerklassenkombination III und V wählen. Dabei ist der Steuerabzug in der Steuerklasse III verhältnismäßig geringer und der Steuerabzug in der Steuerklasse V höher, da der doppelte Grundfreibetrag bei der Steuerklasse III gewährt wird, bei der Steuerklasse V hingegen keiner. Wählt ein Partner die Steuerklasse III, muss der andere notwendigerweise die Steuerklasse V erhalten. Sinnvoll ist die Wahl dieser Steuerklassenkombination nur, wenn entweder ein Partner nicht als Arbeitnehmer arbeitet oder die Verdienste als Arbeitnehmer sehr unterschiedlich hoch sind. Bei Wahl dieser Steuerklassenkombination ist die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtend. Steuerpflichtigen mit stark unterschiedlichen Verdiensten sollte klar sein, dass es bei der Einkommensteuerveranlagung zu einer Steuernachzahlung kommen kann. Im Laufe des Jahres ist aber eine bessere Liquidität vorhanden. Die Steuerklasse VI ist für diejenigen, die weitere sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse haben oder schuldhaft dem Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht bereitstellen. Der Lohnsteuerabzug ist hier sehr hoch, da keine Abzugspauschalen bzw. Freibeträge eingearbeitet sind. Der Ausgleich erfolgt hier in der Regel über die Einkommensteuerveranlagung. Seit dem Jahr 2020 ist der Wechsel der Steuerklasse bei Verheirateten bzw. Verpartnerten auch mehrmals im Jahr möglich. Dies ist bei sich abzeichnender Einkommensverschiebung sinnvoll, kann sich unter gewissen Voraussetzungen auch positiv auf die Höhe des Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeldes auswirken. Hier sollte der Steuerberater in Anspruch genommen werden, denn ein Wechsel kurz vor Eintritt dieser Ereignisse ist zumeist unbeachtlich, wenn er nicht rechtzeitig vorgenommen wird. Achtung: Beim Bezug z. B. von Kranken-, Arbeitslosen- oder Elterngeld ist grds. die Steuerklasse zum Zeitpunkt des Bezugs- oder Jahresbeginns maßgeblich. Diese Leistungen sind zwar steuerfrei, unterliegen aber dem sog. Progressionsvorbehalt und führen zu einer Pflichtveranlagung. Das bedeutet, dass der Steuersatz auf die anderen zu versteuernden Einkünfte erhöht wird. Dies betrifft insbesondere Personen, die in einem Kalenderjahr sowohl Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Vermietung, Kapital o. ä. haben als auch Bezug von Kranken-, Arbeitslosen- oder Elterngeld, aber auch zusammenveranlagte Paare, bei denen einer im Leistungsbezug steht, der andere steuerbare Einkünfte erzielt.
zum Artikel >Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt. Mahatma Gandhi; 1869 – 1948, indischer Philosoph und Staatsmann
zum Artikel >In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) entschiedenen Fall war in einem Testament u.a. bestimmt, dass die Tochter des Erblassers 1/3 des vorhandenen Barvermögens erhalten sollte. Das Kapitalvermögen des Erblassers (Depotwerte und Bankguthaben) betrug insgesamt 192.108,98 € (Bankguthaben 152.778,88 €, Genossenschaftsanteile 3.000 €, Depotvermögen 34.291,87 €, Bargeld 2.038,22 €). Die Tochter war der Auffassung, dass unter dem Begriff „Barvermögen“ die gesamten liquiden Mittel, insbesondere sämtliche Guthaben bei Kreditinstituten, Wertpapiere und Bargeld im engeren Sinne zu verstehen sind. „Der Begriff des Barvermögens umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fallen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt“, entschieden die OLG-Richter. Damit waren das Depotvermögen und die Genossenschaftsanteile nicht als Barvermögen zu bewerten.
zum Artikel >In den Versicherungsbedingungen einer Familien-Haftpflichtversicherung war bestimmt, dass die Einbeziehung von volljährigen Kindern (mit abgeschlossener Berufsausbildung) des Versicherungsnehmers in den Versicherungsschutz voraussetzt, dass sie mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft leben. Zusätzlich wird gefordert, dass eine mitversicherte Person dieselbe Meldeadresse wie der Versicherungsnehmer hat. Das Oberlandesgericht Dresden kam in einem Fall aus der Praxis zu der Entscheidung, dass allein eine Meldebescheinigung nicht geeignet ist, auch das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft zu belegen. Eine häusliche Gemeinschaft liegt vor, wenn Menschen nicht nur vorübergehend zusammenleben und gemeinsam den Haushalt führen. Indizien hierfür sind insbesondere die gemeinsame Nutzung von zumindest Teilen des Hausrats und der Räume, die Gewährung von Kost und Logis oder finanzieller Mittel, die Dauer des gemeinsamen Wohnens und das Befinden persönlicher Gegenstände in der Wohnung.
zum Artikel >Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Richter des Oberlandesgerichts Zweibrücken kamen in einem Fall aus der Praxis zu der Entscheidung, dass eine Ehefrau, die aufgrund einer außerehelichen Beziehung ein Kind erwartet, sich nicht wegen unzumutbarer Härte vor Ablauf des sogenannten Trennungsjahres scheiden lassen kann. Dass die Gründe in der Person des anderen Ehegatten liegen müssen, soll verhindern, dass sich der Antragsteller auf eigene gravierende Unzulänglichkeiten berufen kann. Gemessen daran hatte der von der Ehefrau gestellte Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres keine Aussicht auf Erfolg. Zwar kann im Fall einer Schwangerschaft der Ehefrau die Berufung des Ehemannes auf einen Härtegrund zulässig sein, weil nur bei Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens vor der Geburt des Kindes eine vereinfachte Korrektur der Vaterschaft möglich ist. Die Ehefrau kann sich hierauf nicht berufen.
zum Artikel >Das Kammergericht Berlin hatte die Frage zu klären, ob der Mieter von Ladenräumen im Erdgeschoss eines Einkaufszentrums ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund hat, wenn der Vermieter abweichend von der ursprünglichen Konzeption ca. 80 % der Einzelhandelsflächen im Obergeschoss in Büros umbaut. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das dieser nicht nachträglich auf den Vermieter verlagern kann. Diese im Gewerberaummietrecht angelegte Risikoverteilung ändert sich nicht dadurch, dass das vermietete Geschäft in einem Einkaufszentrum liegt und nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter erwartet, die notwendige geschäftsbelebende Funktion des Einkaufszentrums werde verwirklicht werden können. Wie auch in anderen Geschäftslagen fällt es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Das Verwendungsrisiko umfasst auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjekts, welche der Vermieter vornimmt, um auf die enttäuschte Gewinnerwartung auf Grundlage des ursprünglich vorgesehenen Konzepts zu reagieren. Es bestand also für den Mieter kein außerordentliches Kündigungsrecht.
zum Artikel >Nach dem Betriebsverfassungsgesetz werden in Betrieben mit i.d.R. mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen. Die Größe des Betriebsrats ist abgestuft und richtet sich nach der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Er besteht z.B. in Betrieben mit i.d.R. 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 1 Person 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern. Die Staffelung geht hoch bis 7.001–9.000 Arbeitnehmern mit 35 Mitgliedern. Bei mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Mitgliederzahl für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im April 2024 die Frage zu klären, ob eine Betriebsratswahl gültig ist, wenn nach dem Gesetz der Betriebsrat aus sieben Mitgliedern besteht, jedoch nur drei Arbeitnehmer kandidieren und gewählt werden. Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmer um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein „kleinerer“ Betriebsrat errichtet werden, entschieden die BAG-Richter. Bei der Betriebsratsgröße ist in der Konstellation von weniger Kandidaten als zu besetzenden Betriebsratssitzen auf die (jeweils) nächstniedrigere Stufe so lange zurückzugehen, bis die Zahl von Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.
zum Artikel >In einem Unternehmen gab es eine Kleiderordnung und es wurde für alle betrieblichen Tätigkeiten in Montage, Produktion und Logistik funktionelle Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt. Dazu gehörten u.a. rote Arbeitsschutzhosen, die in den o.g. Bereichen zu tragen waren. Nachdem ein Arbeitnehmer im November 2023 auch nach zwei Abmahnungen weiterhin nicht in der roten Arbeitshose erschien, sondern weiterhin eine schwarze Hose trug, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich fristgerecht zum 29.2.2024. Der Arbeitgeber war aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nur in der Sozialsphäre betroffen war, genügten sachliche Gründe. Ein maßgeblicher berechtigter Aspekt war die Arbeitssicherheit. Das Unternehmen durfte Rot als Signalfarbe wählen, weil der Mitarbeiter auch in Produktionsbereichen arbeitete, in denen Gabelstapler fuhren. Aber auch im übrigen Produktionsbereich erhöhte die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten. Ferner war noch ein weiterer sachlicher Grund auf Arbeitgeberseite die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen.
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